2021-09-17 22:46
Clive Sinclair
Gestern ist der englische Heimcomputer-Pionier Sir Clive Sinclair verstorben.
Anfang der 80er Jahre arbeitete der Vater eines Klassenkameraden von mir bei einer Firma, die elektronische Bauelemente im Auftrag produzierte. Einer der Kunden, ein unbekannte englische Firma, ließ dort einen selbstentwickelten Chip in einer ungewöhnlich hohen Stückzahl fertigen. Dies machte den Vater neugierig, und er erkundigte sich bei dem Kunden nach dem Verwendungszweck.
Die Antwort kam in Form eines Päckchens. Der Inhalt war ein kleiner Heimcomputer, der Sinclair ZX Spectrum 16k. Er landete schnell im heimischen Keller und wurde mein erster Kontakt mit einem Computer. Zubehör war bei dem Gerät natürlich nicht dabei. Als Monitor diente ein ausgedienter Schwarzweiß-Fernseher, als Massenspeicher ein handelsüblicher Kassettenrekorder. Software war zum Kauf auf Kassette erhältlich; daneben war aber auch das Abtippen von Listings aus Zeitschriften wie der Happy Computer eine gängige Methode, um an Software zu gelangen.
Eigene Programm schreiben konnte man natürlich auch. Die Gummitastatur ihren vordefinierten Basic-Befehlen, die über zahlreiche Umschalttasten erreichbar waren, war eher eine Kuriosität; das BASIC selber aber leistungsfähig und fortschrittlich. Mit fortgeschrittener Abnutzung musste die Tastatur ersetzt werden; bei der Gelegenheit wurde auch eine Speichererweiterung auf 48kB durchgeführt, was dem später verkauften Modell ZX Spectrum 48k entsprach.
Die Beschäftigung mit dem Spectrum löste eine Anschaffungswelle von Heimcomputern unter meinen Klassenkameraden aus. Als ich selber im Frühjahr 1984 stolzer (Mit-)Besitzer eines Commodore 64 wurde, gab es in der Klasse neben dem Spectrum bereits zwei weitere C64. Später folgte noch ein C64, ein Commodore 116 und ein Atari 260ST, womit schließlich alle Jungs in der Klasse einen Homecomputer besaßen. Die Computerei wurde ein prägender Bestandteil unserer Jugend, verdrängte einige andere Interessen in der Priorität nach hinten und führte, zumindest bei dem Spectrum-Besitzer und mir, schließlich auch zum Informatikstudium.
Aber wie so oft gilt auch hier, dass die Revolution ihre Kinder frisst. Als mit dem Sinclair QL der Schritt zur 16-Bit Technologie bei Sinclair einzog, waren wir bereits beim wesentlich populäreren Atari ST, andere hatten den Commodore Amiga bevorzugt. Ein prominenter Sinclair-QL-Besitzer wurde später Linus Torvalds, der damals wegen qualitativer Mängel einen eigenen Floppytreiber programmierte. Im Gegensatz zum ZX Spectrum und seinem Vorgänger ZX-81 wurde der QL aber kein Markterfolg.
Clive Sinclair, der vor den Heimcomputern schon Taschenrechner entwickelt hatte, beschäftigte sich parallel auch mit Elektrofahrzeugen; sein Sinclair C5 wurde allerdings kommerziell ein Flop. Erst nach Produktionseinstellung wurden die Fahrzeuge begehrte Sammlerstücke und erzielen mittlerweile astronomische Preise.
Heise erinnert mit einem Nachruf an Clive Sinclair und stellt seine visionäre Denkweise heraus. Rest in Peace, Clive Sinclair!