2015-06-15 17:05
30 Jahre Atari ST
Heise erinnert heute an die erste Vorstellung des Atari ST auf der Hannover-Messe 1985. Geplant waren damals die Modelle 260ST und 520ST mit 256 bzw. 512 kB RAM. Das klingt für heutige Verhältnisse wenig, stellte aber gegenüber den bislang vorherrschenden 8-Bit Heimcomputern mindestens eine Vervierfachung dar. Dennoch stellte Atari fest, dass ein Modell mit 256 kB nicht sinnvoll ist, benötigt doch alleine das Betriebssystem TOS 192 kB und war bei den ersten Modellen noch nicht in ROM Chips fest verbaut, sondern musste von Diskette ins RAM geladen werden. Als dann im Spätsommer die Geräte auf den Markt kamen, hießen sie 260ST+ und 520ST+ und waren mit 512 bzw. 1024 kB ausgestattet.
Der 520ST+ war mein erster 16-Bit Computer und begleitete mich vom Frühjahr 1986 bis zum Sommer 1993, wo er durch einen Atari Falcon 030 ersetzt wurde. Die ursprüngliche Konfiguration bestand neben dem Rechner aus dem Diskettenlaufwerk SF314, das 3½" Disketten doppelseitig mit 720kB beschreiben konnte, sowie dem schwarzweiß-Monitor SM124. Im Laufe der Jahre kamen (in dieser Reihenfolge) ein NTSC (60Hz) Fernseher als Farbmonitor, ein 24-Nadel-Drucker, ein zweites Diskettenlaufwerk, eine 85MB Festplatte, eine RAM-Erweiterung auf 2,5 MB, ein MIDI-fähiger Synthesizer und schließlich ein 1200 Baud Modem hinzu. Nach sieben Jahren mit dem ST führte der Wunsch nach mehr Leistung, einer höheren Grafikauflösung und einem Linux-fähigen Prozessor schließlich zum Kauf des Falcon 030 nebst 14" VGA Farbmonitor. Doch das Linux auf der 68030 Plattform kam nie so richtig in die Gänge, weshalb der Falcon bereits zwei Jahre später durch einen PC mit AMD Am486DX4-100 Prozessor ersetzt wurde.
Mit dem ST durchlebte ich verschiedene Phasen der Informationstechnik. Das simple, mit dem ST mitgelieferte ST Basic war zunächst ein Rückschritt gegenüber den Commodore 64 mit Simons’ Basic. Doch bald erschien GFA Basic, ein strukturiertes Basic mit deutlichem Pascal-Einfluss und ohne Zeilennummern und ein Quantensprung in Sachen Geschwindigkeit. Als ich mich gerade halbwegs in die 68000-Assemblerprogrammierung eingearbeitet hatte, entdeckte ich, dass mit C alles viel einfacher und nicht weniger performant ist. Im Laufe des Studiums stieg ich in C++ ein, was es für den ST nur in Form der GNU Compiler Collection gab - mit 2,5 MB RAM quasi unbenutzbar und auch auf dem Falcon mit 4 MB und Swapspace ein Geduldsspiel. Wurden Programme und Dateien in der Anfangszeit noch per Diskette ausgetauscht, die z.T. zwischen meinen Kumpels und mir per Post verschickt wurden, eröffnete das Modem eine völlig neue Welt der elektronischen Datenübertragung, und auch die lokale Vernetzung mit MIDI Kabeln war eine interessante Erfahrung. Schließlich war es die mangelhafte Weiterentwicklung seitens des Herstellers und mein Wunsch, mit Linux ganz neu durchzustarten, die mich von der Atari ST Produktpalette weg brachte.
In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch, Atari ST!